Verkehrsministerium lässt Hardware-Umrüstung von Diesel-Pkw prüfen

Abgasskandal und Hardware-Umrüstung: Autohersteller könnten unter Umständen doch dazu verpflichtet werden, Dieselautos auch hardwareseitig nachzurüsten. Womöglich bleibt es nicht bei Software-Updates. Es kann außerdem einen Weg geben, auch ohne größere Adblue-Tanks alle Umweltziele zu erreichen. Beate Zypries sagt treffend: „Der Diesel ist ein bisschen in Generalverschiss geraten“

Hardware-Umrüstung von Diesel-Autos: Harnstoff-Einspritzung (Adblue) auch für Euro 5?

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Hardware-Umrüstungen von Diesel-Pkw auf Kosten der Hersteller scheinen nun nicht mehr ausgeschlossen. Wie der SPIEGEL berichtet, stehen Prüfungen durch das Verkehrsministerium an. Die Pläne gehen offenbar so weit, dass geprüft wird, ob durch Nachrüstungen aus Euro-5 Autos künftig Euro-6-Autos werden können.

Inhaltsangabe


Bei Diesel-Autos, die zwischen 2011 und 2015 zugelassen wurden und der Abgasnorm Euro 5 entsprechen, soll die Nachrüstung von Harnstoff-Einspritzungen (AdBlue) in Erwägung gezogen werden.

Schadstoffausstoß durch Hardware-Updates reduzieren

Bei einigen Euro-6-Diesel-Autos sind werksseitig zu kleine AdBlue®-Tanks eingebaut. Damit der Vorrat an Harnstoff nicht zu schnell zur Neige geht – so wird es den Autoherstellern vorgeworfen, wurde die Harnstoffeinspritzung durch einen Software-Trick reduziert. Größere AdBlue-Tanks könnten hier über eine Hardware-Umrüstung eine Lösung sein. Denn ist der Harnstofftank ausreichend groß, braucht es keine Software mehr, die die Harnstoff-Einspritzung abschaltet. Als Alternative zum größeren Adblue-Tank kann es eine viel einfachere Lösung geben.

Autohersteller sollen Informationen liefern – Sachverständige werden diese prüfen

Technisch gesehen ist vieles machbar. Dies wird bei den hitzigen, ideologisch aufgeladenen Diskussionen übersehen. Geführt werden diese Diskussionen besonders lautstark von Personen, deren technisches Verständnis von Motoren bis zur Zapfsäule an der Tankstelle reicht. Die Politik will dieses Mal offenbar auf Nummer Sicher gehen. Sie fordert von den Autoherstellern Angaben darüber, bei welchen Diesel-Modellen sich eine Hardwareumrüstung technisch und finanziell lohnt.

Lohnt sich die Diesel-Nachrüstung auf Kosten der Autohersteller?

Für die Autofahrer lohnt sich die Dieselnachrüstung auf jeden Fall. Andernfalls würde ein erheblicher Wertverlust entstehen, der auch durch Sonderrabatte (Kaufprämien) beim Kauf von Neufahrzeugen nicht ausgeglichen würde.

Die Abwertung, das Verbot von Autos, die teilweise noch in der Finanzierung sind und vor nicht langer Zeit als vorbildlich beworben wurden, käme einer Vernichtung volkswirtschaftlichen Vermögens gleich. Obendrein würde es sich bei Fahrverboten um eine nicht nur indirekte Zwangsenteignung handeln.

Auch für die Autohersteller kann sich das Technik-Upgrade von Dieselautos lohnen. In erster Linie ist es ein Imagegewinn. Die Unternehmen würden mit einer Investition in den Werterhalt des Eigentums ihrer Kunden das Versprechen von Nachhaltigkeit einlösen. Dies ließe sich auf die Dauer als Wiedergutmachung der kritisierten Unternehmenspolitik verbuchen. Zudem fördert die Optimierung bestehender Systeme die Entwicklerkompetenz bei Zulieferern und Herstellern.

Diesel-Umrüstung: ein mehrfacher Gewinn für die Umwelt. Über die Reduktion des Schadstoffausstoßes hinaus ist die Umrüstung von Dieselfahrzeugen ein enormer Gewinn für die Umwelt: auf der Ressourcenseite. Wer sich die gesamten Produktionsabläufe bei der Autoherstellung genauer ansieht, sieht die Ressourcen, die über die Wertschöpfungskette im Kraftfahrzeug enthalten sind:

Die Umwelt besteht nicht nur aus Luft. Rohstoffe und Energie sind nicht weniger wichtig

Die Reinhaltung der Luft ist ein wichtiges Ziel. Ohne Wenn und Aber. Luft ist jedoch nur ein Teil der Umwelt, die es zu schützen gilt. Es ist ein fataler Trugschluss, eine Milchmädchenrechnung zur Blaupause für Ideologiedebatten zu machen.

Ein Unternehmer, der in einen Fuhrpark von Diesel-Lieferfahrzeugen investiert, hat dafür vorher in komplexen Wertschöpfungsphasen viel geleistet: Rohstoffe verarbeitet, Energie eingesetzt, Arbeitskräfte bezahlt, die ihrerseits mit Energieaufwand zur Arbeitsstelle angereist sind. Mit dem erwirtschafteten Gewinn investiert der Unternehmer in eine Fahrzeugflotte. Diese wiederum hat eine lange Wertschöpfungskette hinter sich.

In jedem Auto sind große Werte gebunden: Energie, Rohstoffe, Arbeitskraft

Material lässt sich (mit hohem Energieaufwand) wiederverwerten. Die in einem System gebundene Energie und die enthaltenen Werte gehen verloren, wenn das System außer Betrieb genommen wird. Bei der leichtfertigen Annahme, man könne durch eine politisch geförderte Abwrackprämie die Wirtschaft ankurbeln, werden betriebs- und volkswirtschaftliche Tatsachen ausgeblendet:

  • Energieaufwand im Prototyping und der Testung neuer Modelle bis zum Erreichen der Serienreife
  • Wertschöpfungsprozesse bei Autozulieferern (Tier1 und Tier2)
  • Kosten, die in den Lieferketten entstehen: Produktion, Logistik, Transport
  • Energie, die in die Herstellung von Karosserien, Motoren, Baugruppen, Elektronik, Fahrwerk, Lacken, Reifen usw. fließt: beim Schmelzen, Formen, Umformen, Veredeln und Verbinden von Material (z. B. Overmolding-Technologien) und dem Zusammenbau
  • Der tatsächliche Wert – auch der energetische Wert – eines Autos kann daher nur realistisch berechnet werden, indem alle Energien in die Gesamtrechnung einbezogen werden.
  • Der Wiederbeschaffungswert und der Zeitwert (z. B. laut Schwacke-Liste) bilden den technischen Wert, den tatsächlichen Nutzwert für den Eigentümer eines Autos nicht ab.
  • Das Verschrotten hoher Sachwerte gegen Geldprämien (Umweltprämie) widerspricht jeder volkswirtschaftlichen Logik und Ethik
  • Eine Wegwerfideologie ist mit ökologischem Pragmatismus nicht vereinbar

Umweltprämie ist ein Euphemismus

Der Begriff „Umweltprämie“ im Zusammenhang mit Wertevernichtung ist ein Euphemismus (Schönfärberei, Beschönigung). Wer sich etwas genauer mit der Automobilindustrie und ihren Zulieferern beschäftigt, erkennt: Kein Hersteller drückt auf einen großen Knopf, und nach zwei Stunden rollen fertige Autos vom Fließband, die man nach Belieben neu bauen kann. Es gibt nicht den 3D-Drucker für Autos. Das Thema ist viel zu komplex, um es auf Stammtischpolitik (welcher Farbe auch immer) zu reduzieren. Das gilt für jede Hochtechnologie.

Diesel-Umrüstung: auch private Haushalte müssen unterstützt werden

Der für teures Geld erworbene, nicht selten über die Hausbank des Autohändlers finanzierte, nur wenige Jahre alte Diesel-Familienkombi soll mit einem Mal nichts mehr wert sein, weil er vor der Stadtgrenze abgestellt werden muss? Diese Vorstellung ist mit dem realen Leben nicht vereinbar und widerspricht allen Gesetzen von Ethik und Anstand.

Staatliche Umweltprämie: Politik soll sich an Hardware-Umrüstung beteiligen

Glaubwürdig ist die Umweltpolitik erst dann, wenn sich der Staat an den Hardware-Umrüstungen der Autohersteller beteiligt. Für Euro-5-Diesel, bei denen sich die Nachrüstung von Harnstoffeinspritzungen technisch darstellen lässt, sollte es eine Umweltprämie geben, die diesen Namen verdient.

Autofahrer können über eine Entlastung bei der Kfz-Steuer dazu motiviert werden, ihren Euro-5-Diesel umrüsten zu lassen. Die Automobilindustrie wäre für diesen Fall mit entsprechenden staatlichen Zuschüssen zu entlasten. In jenen Fällen, in denen z. B. wissentlich zu kleine Adblue-Tanks eingebaut wurden, entspricht die kostenlose Nacherfüllung (Nachbesserung) auf Unternehmenskosten dem geltenden Recht: Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 439 Nacherfüllung: (1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Man stelle sich vor: Die Eigentümer von Euro-5-Dieselautos, die sich technisch für die Hardware-Umrüstung eignen, zahlen einmalig als Eigenanteil einen Betrag zwischen 100 und 250 Euro – und erhalten vom Staat einen 50%-Kunden-Wertscheck in Form einer Umweltprämie für die Diesel-Nachrüstung. Der Vertragshändler führt das Diesel-Upgrade durch, sendet den Nachweis zusammen mit seinem 50%-Händler-Wertscheck elektronisch an die zuständige Behörde und erhält 100 % Kostenerstattung durch den Staat.

Damit haben alle gewonnen:

  • die Umwelt
  • die Kunden
  • die Werkstätten
  • die Hersteller (auch die Anbieter von Abgasreinigungssystemen)
  • die Politik

Aber gibt es da nicht noch eine ganz andere Lösung?

Adblue selbst nachfüllen

Adblue (Harnstoff) kann prinzipiell jeder Autofahrer selbst nachfüllen. Dann reichen auch die verhältnismäßig kleinen Harnstofftanks in den Euro-6-Autos. Die Autohersteller könnten – statt teure Umrüstaktionen an den Adblue-Tanks durchzuführen – den Autofahrern auf andere Weise entgegenkommen. In Zusammenarbeit mit den Mineralölkonzernen ließen sich Umweltprogramme starten. Jeder Mineralölkonzern wäre im Rahmen des Wettbewerbs frei, einen Rabatt auf eine Tankfüllung anzubieten, wenn gleichzeitig eine bestimmte Menge AdBlue nachgetankt wird.

  • Eine App für das Smartphone, die den Autofahrer auf den demnächst notwendigen Nachschub an Harnstoff informiert, ist schnell programmiert.
  • Das Einverständnis der Autofahrer hierzu dürfte so gut wie sicher sein.
  • Kein Kläger hätte mehr einen Grund, Fahrverbote zu fordern. Somit wären auch die Gerichte entlastet.

Weitere Informationen zum Thema:

Energieaufwand in der Lieferkette

Nacherfüllung

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Diesel-Umrüstung – AdBlue selbst nachfüllen
Diesel-Umrüstung – AdBlue selbst nachfüllen

Wie funktioniert Harnstoffeinspritzung?

Stickoxide (NOx) lassen sich bei Dieselmotoren mit einer Harnstoffeinspritzung (AdBlue®) um bis zu 90 Prozent reduzieren. Einfach erklärt funktioniert das so: Durch das elektronisch geregelte Einspritzen von AdBlue® (AdBlue ist eine Marke des VDA – Verband der Automobilindustrie) in das Abgasrohr verwandeln sich die im Abgas enthaltenen Stickoxide (NOx) im SCR-Katalysator in Wasser (H2O) und Stickstoff (N 7). Wasser und Stickstoff sind für die Umwelt unbedenklich.